Ist ein Übergang von einer Bruttokaltmiete auf eine Nettokaltmiete ohne Zustimmung des Mieters möglich? Adobestock von Fokussiert
19 März

Ist ein Übergang von einer Bruttokaltmiete auf eine Nettokaltmiete ohne Zustimmung des Mieters möglich?

LG Berlin, Urteil vom 07.03.2023, Az. 63 S 218/21

Das Praxisproblem

Wohnraummietverträge sehen nicht selten eine Bruttokaltmiete vor, hierunter ist die Nettokaltmiete (also die „eigentliche Miete“) zuzüglich der „kalten Nebenkosten“ (alle Nebenkosten mit Ausnahme der Heiz- und Warmwasserkosten) zu verstehen.

Eine Bruttokaltmiete ist in der Vergangenheit von Vermietern gerne vereinbart worden, weil diese die Erstellung einer Nebenkostenabrechnung wesentlich vereinfacht hat. Demgegenüber muss der Vermieter bei einer Nettokaltmiete bei einem Wohnraummietvertrag jährlich eine Nebenkostenabrechnung vornehmen.

Der Nachteil dieser Regelung, die nur eingeschränkte Möglichkeit Mieterhöhungen vorzunehmen, war angesichts lediglich moderat steigender Mietnebenkosten ein vertretbares Risiko. Mieterhöhungen können bei der Vereinbarung einer Bruttokaltmiete immer nur unter Beachtung der Vorschriften des BGB zu Mieterhöhungen erfolgen.

Diese Situation änderte sich zuletzt angesichts stark steigender Nebenkosten grundlegend.

Kann ein Vermieter ohne Zustimmung des Mieters, also durch einseitige Erklärung, von einer Bruttokaltmiete auf eine Nettokaltmiete übergehen?

 

Die Entscheidung

Dem Landgericht Berlin lag in einem Berufungsrechtsstreit ein Sachverhalt zur Entscheidung vor, bei dem der Vermieter von der ursprünglich vereinbarten Bruttokaltmiete zu einer Nettokaltmiete übergehen wollte. Der Mieter stimmte dieser Erhöhung aus nachvollziehbaren Gründen nicht zu, da diese für ihn mit ganz erheblich höheren Kosten verbunden war.

Das Landgericht Berlin hat dem Mieter recht gegeben. Dem Vermieter nutzte es insoweit auch nicht, dass der Mietvertrag eine „vorsorgliche Zustimmung“ des Mieters für den Fall eines Übergangs von einer Bruttokaltmiete zu einer Nettokaltmiete vorgesehen hat.

Entscheidend war für das Landgericht, das der Vermieter mit dem Übergang zu der Nettokaltmiete die Möglichkeit erhalten würde, sämtliche Nebenkosten abzurechnen, wodurch sich die insgesamt von dem Mieter zu zahlende Miete auch deutlich oberhalb der Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB zu erhöhen. Eine zum Nachteil des Mieters von dem Verbot einer Mieterhöhung über die Kappungsgrenze hinaus abweichende Vereinbarung ist aber nach § 558 BGB unwirksam.

 

Die Praxisempfehlung

Die Vereinbarung einer Bruttokaltmiete wird für einen Vermieter immer die Gefahr, dass stark steigende „kalte Nebenkosten“ nur über eine „normale Mieterhöhung“, also unter Beachtung der Kappungsgrenze, an den Mieter weitergegeben werden können. Eine Bruttokaltmiete sollte aus Vermietersicht daher nicht vereinbart werden.

Soll im Nachhinein von einer Bruttokaltmiete auf eine Nettokaltmiete übergegangen werden, ist dieses nur einvernehmlich mit dem Mieter möglich. Der Vermieter muss also an die Einsicht des Mieters appellieren.

 

 

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